Berufsleben
Nach der Hochzeit mit Sture Lindgren im Jahre 1931 hat Astrid ihre Arbeit aus Sekretärin beim Kungliga Automobilklubben gekündigt, um zu Hause zu bleiben und sich um ihrem Sohn Lasse zu kümmern. Um die Haushaltkasse aufzufüllen, nahm sie ab und zu Auftr äge an. Sie schrieb ein paar Geschichten für unterschiedliche Zeitungen und sprang ab und zu für kurze Aufträge als Sekretärin ein.
Im Mai 1934 wurde Astrids und Stures Tochter Karin geboren und Astrid hatte jetzt zwei Kinder. Astrid Lindgren war viel draußen und spielte mit den Kindern - im Vasapark und beim Karlbergskanalen. Astrid Lindgren war nicht wie andere Mütter, sie liebte es, genauso wild wie die Kinder zu spielen und herumzuspringen, zu klettern und zu schaukeln. Sie war sich auch der Machtstellung der Erwachsenen bewusst und sah um sich herum, wie Kinder schikaniert und unterdrückt wurden.
Im Vasapark gab es viele Mütter mit kleinen Kindern, und einige davon wurden Astrids Freundinnen fürs Leben - sie nannte sie die Parktanten. Sie trafen sich jeden Tag und folgten dem Leben der anderen.
Revolver-Harry
1937 arbeitete Astrid Lindgren ab und zu als Sekretärin von Harry Söderman, Dozent der Kriminologie an der Stockholmer Hochschule. Er war Wissenschaftler und Abenteurer zugleich, „das schwedische Pendant zu Indiana Jones“ laut Leif GW Persson. Nachdem es ihm gelungen war, einem bewaffneten Überfall im Iran auf dem Fahrrad unverletzt zu entkommen, bekam er den Spitznamen Revolver-Harry. Er betrieb auch ein erfolgreiches Detektivbüro in Stockholm, erreichte langsam internationale Bekanntheit und bekam die Chance, sowohl bei Scotland Yard als auch bei NYPD Kriminaltechnik zu unterrichten. Astrid Lindgren studierte sowohl seine Person als auch sein Wissen, die sie später in ihren eigenen Büchern verwendete - über den Meisterdetektiv Kalle Blomquist.
Zitate
„Ein erstklassiges Laboratorium haben Sie hier, Herr Blomquist“, sagte er. „Sie sind sicher ein ausgezeichneter Chemiker, wie ich mir denken kann?“ „Na ja ... ausgezeichnet ... ich habe einen großen Teil meines langen Lebens chemischen Untersuchungen gewidmet“, bestätigte der Meisterdetektiv. „Chemie und Kriminalistik müssen Hand in Hand arbeiten. Verstehen Sie, junger Freund?”
Der Zweite Weltkrieg
Im September 1939 bricht der Zweite Weltkrieg aus. Astrid Lindgren beschließt, den Krieg zu dokumentieren und fängt an, Zeitungsartikel auszuschneiden und sowohl ihren eigenen Alltag als auch den Kriegsverlauf in ihren „Kriegstagebüchern“ zu kommentieren.
Ihre Kriegstagebücher fangen so an: „Oh! Heute hat der Krieg begonnen. Niemand wollte es glauben. Gestern Nachmittag saßen Elsa Gullander und ich im Vasapark, die Kinder liefen und spielten um uns herum, und wir schimpften ganz gemütlich auf Hitler und waren uns einig, dass es wohl keinen Krieg geben würde!“
Es wurden insgesamt 17 Tagebücher, bis im Mai 1945 der Frieden kam.
Im Sommer 1940 hat Harry Söderman erneut Kontakt zu Astrid aufgenommen und ihr eine hochgeheime Anstellung in der Abteilung Briefzensur des Nachrichtendienstes angeboten, den Astrid „Drecksjob“ nennen sollte. Zusammen mit Kollegen, u. a Madicken, las Astrid heimlich Briefe für das und aus dem Ausland sowie Militärpost. Durch die Briefe und die Arbeit erhielt Astrid einen guten Einblick in die Qualen des Krieges und in ihren Tagebüchern schrieb sie 1940 über den Nazismus als ein boshaftes Ungeheuer.
Der Umzug in die Dalagatan
1941 wird Sture Lindgren CEO von Motormännens Riksförbund und die Familie kann es sich leisten, in eine größere Wohnung umzuziehen. Im Oktober 1941 fährt das Umzugsauto in die Dalagatan 46, wo sie eine 140 m2-große 4-Zimmerwohnung beziehen. Astrid Lindgren, die ihr ganzes Leben in einfachen Verhältnissen gelebt hat, findet die Wohnung unglaublich schön. „Ich kann gar nicht aufhören, mich über unsere schöne Wohnung zu freuen, obgleich ich mir die ganze Zeit darüber bewusst bin, dass wir das eigentlich gar nicht verdient haben, wenn so viele noch nicht mal ein Dach über dem Kopf haben.“
Im selben Jahr, 1941, wurde Astrids Tochter Karin krank und sie wünschte sich, dass ihre Mutter ihr eine Geschichte erzählt. „Erzähl mir von Pippi Langstrumpf“, bat sie und erfand im selben Augenblick das Mädchen, das eine der bekanntesten Kinderbuchfiguren der Welt werden sollte. „Weil es ein merkwürdiger Name war, wurde es auch ein merkwürdiges Mädchen“, sagte Astrid Lindgren. Mehrere Jahre lang erfand sie neue Geschichten für Karin und ihre Freunde und Freundinnen.
Pippi Langstrumpf
Als das Manuskript über Pippi Langstrumpf aufgeschrieben war, ergriff Astrid die Gelegenheit, es bei Albert Bonniers Verlag einzureichen, die es jedoch im September ablehnten. Astrid hatte damals auch das Manuskript von „Britt-Mari erleichtert ihr Herz“ als Beitrag an einem Wettbewerb eingereicht, den der neue kleine Verlag Rabén & Sjögren organsierte - das Buch gewann den zweiten Preis, wurde im November 1944 herausgegeben und war ihr allererstes Buch. Ihre Verlagsredakteurin Elsa Olenius durfte auch das Pippi-Manuskript lesen und war sofort Feuer und Flamme. Nachdem Astrid Pippi Langstrumpf nach Elsas Anweisungen umgeschrieben hatte, hat sie es in einem neuen Wettbewerb eingereicht, der von Rabén & Sjögren organisiert wurde - und in der Jury saß niemand Geringeres als Elsa Olenius … Pippi Langstrumpf gewann den ersten Preis und wurde im November 1945 in Buchform veröffentlicht.
Freude am Schreiben
Mit Pippi Langstrumpf veränderte sich das Leben von Astrid Lindgren dramatisch. Das Buch über Pippi Langstrumpf wurde ein Riesenerfolg und die gerade erst erwachte Freude am Schreiben schlug in voller Blüte aus und führte dazu, dass kurz hintereinander mehrere Bücher herausgegeben wurden. In den Jahren 1944 bis 1946 schrieb Astrid Lindgren sechs Kinder- und Jugendbücher. Britt Mari erleichtert ihr Herz, Pippi Langstrumpf, Kerstin und ich, Wir Kinder aus Bullerbü, Meisterdetektiv Blomquist sowie Pippi Langstrumpf geht an Bord.
Bücher 1944 - 1945
Die Zeit bei Rabén & Sjögren
Der Erfolg mit Pippi Langstrumpf führte dazu, dass der Buchverlag Rabén & Sjögren schnell wuchs und der Verlagsleiter, Hans Rabén, anfing, sich über seine Arbeitslast zu beschweren.
Mehr über die Zeit bei Rabén & SjögrenHarte Arbeit
In den 50er und 60er Jahren war Astrid Lindgren unglaublich produktiv. Sie schrieb mindestens ein eigenes Buch im Jahr, sie reiste um die Welt und sprach über ihre Bücher, gab viele Interviews und schrieb Tausende Briefe - sowohl an ihre Freunde als auch Antworten auf Leserbriefe.
Mehr über Astrid Lindgrens ArbeitLouise Hartung
Auf dem Heimweg vom internationalen Kinderbuchkongress in Zürich 1953 wurde Astrid Lindgren nach Berlin eingeladen, um vor Bibliothekaren und Buchhändlern über ihr schriftstellerisches Schaffen zu erzählen. Sie wurde am Flughafen von der Frau abgeholt, der sie diese Einladung zu verdanken hatte: Louise Hartung. Die Freundschaft zwischen Astrid Lindgren und der gebildeten Deutschen Louise entstand, als Louise, die den Krieg ganz aus der Nähe miterlebt hatte, ihren Gast auf einen geheimen Ausflug nach Ostberlin entführte.
Über 600 Briefe haben die beiden sich bis zu Louise Hartungs Tod im Jahre 1965 geschrieben. Sie haben sich außerdem an unterschiedlichen Plätzen in Europa getroffen und mehrere Reisen mit Louises Volkswagen Cabrio unternommen, den die beiden Frauen - on the Road - „Das Heidenkind“ getauft hatten.
Astrid und Louise
Die Korrespondenz mit der sehr begabten Louise Hartung wurde ein kulturell und politisch herausforderndes Fenster zu einer anderen und größeren Welt als diejenige, in der Astrid Lindgren sich tagtäglich zu Hause in Stockholm bewegte. Die Freundschaft konnte genauso anstrengend wie befreiend für die Seele und intellektuell verlockend sein - aus Berlin kam eine Flut an liebevollen Briefen, frischen Blumen und Geschenken.
Astrid und Louise hatten bereichernde Gespräche über das Leben als Frau, Gesellschaftsfragen und Literatur, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche. Louise Hartung war eine gebildete, scharfsinnige Leserin (und ein leidenschaftlicher Fan von Goethe und Strindberg) und in ihr hatte Astrid in all diesen Jahren außerdem eine qualifizierte, clevere Lektorin und Beraterin, wenn es um ihre eigenen Bücher ging.
Der Briefwechsel zwischen Astrid und Louise wurde 2016 in dem Buch Ich habe auch gelebt! (Ullstein Buchverlage) veröffentlicht.
Dalagatan
1952 verstarb Astrids Man Sture Lindgren und ihr Sohn Lasse hatte zwei Jahre zuvor geheiratet und war zu Hause ausgezogen. In der Wohnung an der Dalagatan waren nur noch Astrid und Karin übrig. 1958 heiratete auch Karin und Astrid Lindgren blieb alleine zurück. In den folgenden 40 Jahren hatte sie die Wohnung für sich selbst, bis zu ihrem Tod im Jahre 2002.
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